Es geht so ein nachdenklicher, welker Duft umher wie von Blumen,
die die Sonne getrocknet und die der Wind gepreßt hat, und es ist Herbst.
(Rainer Maria Rilke)
Naja, zumindest kalendarisch ist Herbstanfang. Aber man kann sich auf nichts mehr verlassen. Schaun wir mal ...
Wenn ein Nichtschwimmer ertrinkt,
das ist nicht tragisch. Das ist konsequent.
(Gehard Polt)
Heute am frühen Vormittag taumelte eine gewisse Frühherbststimmung durch mein Empfinden. Schön war´s.
Der Sommer sollte mit den Mauerseglern nach Südafrika ins Winterquartier ziehen, irgendwann is och ma jut, find´ ich.
Wir wollen jetzt Herbst. Kühle Tage, feiste Nebel, weniger Leute unterwegs. Seit Corona scheint sich die Bremer Bevölkerung verdreifacht zu haben, mindestens. Virulente Mengen dichtgedrängter Mitmenschen verderben mir die Laune, atmen meinen Sauerstoff. Wo kommen die alle her? Und wo waren die eigentlich früher, vor Corona? Hoffentlich sind die nicht dauerhaft auf den Geschmack gekommen: Bewegung an frischer Luft, Urlaub im Lande, Rottenbildung per E-Bikes. Das wäre entsetzlich, unannehmbar. Verkriecht euch wieder in den Fitness-Tempeln, fliegt nach Malle, spielt Karten in den Altentagesstätten. Das hat euch doch über Jahrzehnte gefallen, da wart ihr doch zufrieden, die gute alte Zeit hatte doch was, oder? Vermiest mir meine letzten Jahre nicht mit Shanghaier Verhältnissen - ich bin doch schließlich auch wer!
Ach so, gestern unsere Termine für den 2. Booster geordert. Sobald in den kommenden Tage der Omikronstoff in Bremen angekommen ist, kriegen wir ´ne Mail. Das machen wir jetzt noch, man gönnt sich ja sonst nichts ...
Und neue Schuhe bräuchte ich noch, für den nahenden Herbst und was noch kommt. Man muss sich im Leben schon ´ne Menge bieten lassen, z.B. die Qual der Wahl. Um bei den Schuhen zu bleiben, stellen sich einige Fragen. Wasserdicht und atmungsaktiv? Leder oder Synthetik? Wanderschuhe, Bergschuhe, Trekking oder Hiking, Trail & Laufschuhe, Zustiegs- oder Multifunktionsschuhe, flache, halbhoch oder Stiefel? Und Cleo müssen sie natürlich auch gefallen.
Vorhin kam das Internet nicht in die Pötte, jede Seite rödelte ewig, wie in den Anfangszeiten mit AOL und Boris Becker: Bin ich drin?
Die Wlan-Verbindung zum Handy zickte auch noch rum. Sowas nervt, das war nicht abgemacht, der Quatsch muss klappen. Hab´ dem Router den Stecker gezogen, paar Minuten gewartet, wieder angestöpselt, zack, läuft wieder! 110 Mbit/s Download, 10,9 Mbit/s Upload, so soll es sein.
Dass
in heutiger Zeit, und besonders in den Überflussgesellschaften mit
ihrer Vereinzelung und Vereinsamung der Menschen, Hunde überwiegend
als Sozialpartner und Familienmitglieder fungieren, ist ja klar und
deutlich zu erkennen. Dieser Trend zur Vermenschlichung der Hunde
wird dann als Win-win-Situation schöngeredet, jeder profitiert
gleichermaßen. Dass Hunde, könnte man sie danach fragen, das
sicherlich in einer Vielzahl von Fällen ganz anders sehen, sollte
nicht bezweifelt werden.
Die Corona-Lockdowns haben die Problematik
dann auf die Spitze getrieben. Natürlich zum Leidwesen der Hunde,
klar. Gelangweilte, einsame Konsumenten, vom eigenen Ich weiter
entfernt als der Habicht vom Mond, googelten mal eben bei Ebay nach
einem Hund. Wie sie sich sonst in Boutiquen während der Mittagspause
das 98ste Glitzertop kaufen, oder sich die Arme mit
Harley-Davidson-Motiven rauf und runter tätowieren lassen. Dass sie
damit dem dreckigen Haustiergeschäft mit der Lockdown-Einsamkeit
hohe Wachstumsraten verschaffen und zum Weitermachen anfeuern, ist
ihnen nicht bewußt, und selbst wenn, dann issis ihnen scheißegal.
Der Konsument sieht ausschließlich sich, seine Freude am Kaufen, die
Sekundeneuphorie.
Die Lockdownhunde sind meistens sehr krank,
meistens sehr gestört, verursachen Tierarztkosten, sind nervig und
lästig, weg damit. Glücklich dürfen sich die Hunde schätzen, die
wenigsten noch im Tierheim abgegeben werden. Dass diese armen Hunde
viele neue Krankheitserreger mitbringen, z.B. Herzwürmer,
Augenwürmer, Zungewürmer, Leishmanien, auch mal die Tollwut, und
unter diesen Erregern nicht wenige auch für den Menschen schlimme
Folgen haben, steht ausser Frage, wird jeder ernstzunehmende Tierarzt
bestätigen können. Bis hierhin, nicht weiter. Das sind also die
Konsumenten, die Bösen.
Es
gibt allerdings einen weiteren Trend. Dem folgen die Guten. Die mit
dem Pippi-Langstrumpf-Syndrom, vermehrt auch in Aktivistenkreisen und
in der Politik anzutreffen. Was ist das für ein Syndrom? Das
Pippi-Langstrumpf-Syndrom: Wir machen uns die Welt, wie sie uns
gefällt. Dass diese Welt mit der real existierenden Wirklichkeit
wenig bis nichts zu tun hat, ist leicht zu überprüfen. Für die in
ihren Gemeinschaftszellen einer nie endenden Pubertät eingesperrten
Anhänger gibt’s da allerdings nichts zu überprüfen. Die kommen
therapieresistent auf die Welt, auf die echte. Und so entwickelt sich
der perfide Schwachsinn lautlos und folgerichtig: Vegane Ernährung
von Fleischfressern, Raubtieren wie Hund und Katz`. Ob nun das erste
Gebot oder die CO2-Bilanz zur Begründung herhalten dürfen, ist
wurscht. Die naheliegende Möglichkeit einer drastischen
Mangelernährung mit Gefahr für Gesundheit und Leben wird nicht nur
unterschätzt – sie wird der edlen Sache wegen ausgeblendet. Bis
hierhin, und … na klar, nicht weiter. Das also sind die
Weltverbesserer, die Guten.
Man
kann es sehen, drehen oder wenden: Nirgends ist die Anzahl an
Vollidioten pro Quadratmeter so hoch wie unter den Menschen.
Übrigens
hat´s eben aufgehört zu regnen, jetzt geht Cleo nochmal mit mir
durch´n Stadtwald.
Ich bin ja bemüht, mich vorurteilsfrei zu betrachten.
Aber wer ist das?
Die Zeit, sie trennt nicht nur für immer Traum und Träumer.
Die Zeit, sie trennt auch jeden Dichter und sein Wort,
denn die Zeit läuft vor sich selber fort ...
Forever Young.
Heute
morgen Werderland-Gang. Auf dem schnurgeraden Weg am Anfang, links
und rechts floral begrenzt, nicht sehr breit, kommt uns ein Mensch
mit zwei Hunden entgegen. Eine Frau mit zwei Dalmatinern. Auf 30
Meter wissen Cleo und ich: Aha, das wird wohl etwas kompliziert. Cleo
kommt freundlich an den Faden, mal eben rechts gehen, brav, aber sie
schaut schon interessiert, logisch. Die Frau leint auch an, einen der
beiden, bleibt stehen, hockt sich hinter den Angeleinten, eine
Hündin. Der andere, ein Rüde, prescht etwas vor, Frau brüllt, Rüde
kommt zögerlich zurück. Cleo und ich gehen langsam weiter, wir sind
erwartungsvoll relativ entspannt.
Es
gibt so eine fragwürdige Hundeschulanregung der zertifizierten
Trainerinnen bezüglich Hundebegegnungen der angespannteren
Art: Den Hund kurz nehmen, büschen hochziehen, mit dem eigenen
Körper nach rechts abdrängen und irgendwie versuchen, mit den
spätestens jetzt sich im Ausnahmezustand befindlichen Hunde
aneinander vorbeizukommen. Schnell, schnell, ja nicht zögern, ja
nicht Kontakt zum eigenen Hund aufnehmen, bei Bedarf noch „Schluß
jetzt“ zischen, alle schön im Saft des vorbereiteten Irrsinns
schmoren lassen. Da gibt´s ernstzunehmende Zweikämpfe zwischen Hund und Halter. Und es wird auch (fast) nie besser, meistens schlimmer.
Gut,
wir versuchen andere Methoden. Ich versuche, Cleo nicht schmoren zu
lassen, wir halten Kontakt, gehen gemeinsam und gelassen (wenn
möglich) durch dick und dünn. Meistens klemme ich mir Cleo in Höhe
ihrer (bei den momentan 24 kg gut erkennbaren) Taille zwischen meine
unteren Beine, und wir lassen die Durchgeknallten so gleichgültig
wie möglich an uns vorübergleiten. Die Dalamatinerfrau hatte auch
eine andere Methode, wie gesagt, sie hockte sich hinter ihre wütende
Hündin und redete auf sie ein. Wie zu erwarten war, eskalierte sich die
Hündin je näher wir kamen. Nun ist Cleo och nich von Pappe,
reagiert in solchen Situationen schon, will ich nicht verschweigen, wir sind aber nicht im
Irrsinn verfangen. Und waren auch schon fast vorbei, da gab die
Dalamatinerin noch mal richtig Gas, riss das hockende Frauchen um,
die kugelte brüllend und fluchend über den Weg, hielt aber die Leine fest in der Hand.
Ich enthalte mich besser eines
frauenfeindlichen Kommentars, denn irgendwann ist auch mir Ähnliches
passiert, aber nur einmal. Einen mittelgroßen Hund, der fernab jeder
Zurückhaltung in die Leine geht, kann selbst ein kräftiger Mensch
nur halten, wenn er darauf gefasst ist. Ich hab schon Leute gesehen,
die sich mit dem linken Arm um Laternenpfähle wickelten, um ihren
tobenden Hund mit dem rechten halten zu können. Und diese Frau hockt
sich hin, obwohl sie sicherlich weiß, was abgeht. Muss man das
verstehen?
Dann
kam der Rüde, langsam wohl ungeduldig, auf uns zugehüpft. Im
Hintergrund immer noch die brüllende, sich im Dreck wälzende Frau.
Nachdem Cleo und ich den Bestseller von Horst-Eberhard Richter
„Flüchten oder Standhalten“ gelesen und uns für´s Standhalten
entschieden haben, blieben wir stehen, ließen den Rüden rangehüpft
kommen, sagten ihm, er solle nicht den Breiten machen und lieber zum
fluchenden Frauchen retournieren. Die war mittlerweile wieder auf den
Beinen und fuhr fort, ihre Hunde lautstark zusammenzuscheißen.
Selbst aus der Ferne hörte ich sie noch fluchen: „Und dieser blöde
Arsch bleibt auch noch stehn!“, ich vermute, sie meinte mich. Hatte
schon was Loriothaftes, der Mensch in seiner Überforderung, diesmal
ohne Nudel unter der Nase ...
Nun
bin ich mir keiner Schuld bewusst. Ich fühle mich für die
Therapiemisserfolge anderer Hunde und ihrer Menschen
nicht verantwortlich. Die Aufgabe, Cleo und mir die Psychiatercouch
zu ersparen, füllt mich ganz aus ...
Unsere wunderbare Schusterpalme darf den Sommer stets auf dem Balkon in frischester Luft verbringen, allerdings schattig stehend. Da kriegt sie ihren nächsten Wachstumsschub. Jetzt kommt sie demnächst wieder in ihre Wohnzimmerecke, denn bald werden die Nächte kalt, dunkel sindse ja schon.
Aber, Schockschwere Not, die Ränder einiger Blätter sind angenagt worden, wie von Miniatur-Blattschneiderameisen, die es hier natürlich nicht gibt. Kurz geforscht: Es ist der Dickmaulrüssler, ein frecher Käfer. Schlägt sich den Rüsslermagen voll und setzt seine Larven in die Welt, bei uns in den Blumentopf. Das können wir nicht dulden. Was macht man gegen die Larven im Topf?
Genau, man besorgt sich die Neudorff HM-Nematoden. Die kommen ins Gießwasser, bohren sich gierig in die Rüsslerlarven, und die ganze Gräuslichkeit der Natur nimmt ihren Lauf. Die Nematoden selbst sind für Pflanzen und Tiere ungefährlich, nur der Dickmaulrüssler zittert, wohl mit Recht.
Ich also hin zu Otto G. Balder, dem Gartenfachhandel seit 1792. Da kriegt man die kleinen Helferlein.
Und wie ich an der Kasse stehe, da schweift mein Blick und fällt auf handgeschnitzte Tierköpfe samt Bronzehaken, Garderobenhaken der ganz niedlichen Art. Und weil wir doch letztens zwei Bücher über´s Durchwandern von Wüsten gelesen haben, und weil wir doch somit zu Freunden der Kamele geworden sind, verliebte ich mich auf der Stelle in diesen Haken. Und Frauli ist genauso begeistert!
da gibt´s Handwerkliches aus aller Welt, besonders auch aus Afrika,
in diesen wunderschönen Naturfarben. Irgendwas Schönes muss an den Haken,
nur kein Bademantel. Irgendwas Kamelaffines ...
Nur ein Kamel ist abzurichten,
aufs Trinken lange zu verzichten.
Als Nahrung liebt es, was gestrüppig,
sein Wert lässt nach, lebt es zu üppig.
(Eugen Roth)
Ich ging im Walde so für mich hin,
und nichts zu suchen, das war mein Sinn.
Seit sechseinhalb Jahren ist Cleo nicht mehr entwurmt worden.
Wunderbar, nech! Denn das bedeutet (bei der überaus fragwürdigen prophylaktischen Entwurmung zwischen drei bis sechs Monaten), dass Cleo im schlimmsten Fall 26 (in Worten: sechsundzwanzig!) Neurotoxine-Keulen (Nervengift) erspart geblieben sind. Wozu auch hätte sie entwurmt werden sollen - sie war ja wurmfrei, die ganze Zeit. Auch einen ab und an verirrten Floh kämmen wir raus, und den wenigen Zecken, die sie sich mal einfängt, drehen wir den Hals um, von Hand, ganz ohne Chemie. Der tierärztlichen Schauerpropaganda zum Trotz. In diese Rubrik gehört wohl auch die Mär, dass gebarfte Hunde ein höheres Wurminfektionsrisiko hätten. Ich sammel halbjährig mal für drei Tage büschen Kot, verpacke den, schicke ihn an Paradocs und nach zwei Tagen kommt per Mail das Ergebnis.
Tja, ein Parasol oder Gemeiner Riesenschirmling, schön isser.
Früher ham wir oft welche mitgenommen, gestückelt und in reichlich Butter gedünstet.
Über einen Teller Spaghetti geben, büschen frische Petersilie drüber, saulecker.
Gestern mit dem Zweitwagen in die Werkstatt, der Almera war mit TÜV dran. Ich war nervös. Ein 18 Jahre alter Nissan, 230.000 km gelaufen, Inspektionen seit Ewigkeiten nicht mehr, Öl nachkippen und gut. Jetzt könnte der Tag der Trennung kommen, dachte ich, kostspielige Reparaturen wären unsinnig. Dann ruft mich die freundliche Sekretärin an: Ihr Auto ist abholbereit, wir sind bis 18 Uhr da. Ich stotterte: Ja, und, isser über´n TÜV? Die Blinkerbirne vorne rechts musste gewechselt werde, sonst ohne Mängel.
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