Sonntag, 1. Januar 2023

Januar

 



Jahresrückblick? 

Ah geh, Cleo, das Leben bilanziert sich nicht selbst.
Heute issis warm, so 14 Grade, bewölkt, büschen windig, mit Regenschauern. Aprilwetter. 
Gleich starten wir ins neue Jahr. Der erste Gang 2023. Nachher gibt´s die Drei-Käse-Pizza.





Die Computer-Maus feiert ihren 40sten. Im Dezember 1968 wurde sie auf einer Konferenz in San Francisco der Öffentlichkeit präsentiert. Und stieß erstmal auf wenig Begeisterung.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dassis bei mir 20 Jahre später schon ein Weilchen gebraucht hat, bis ich den Mauszeiger virtuos dorthin bekam, wo ich ihn haben wollte. Eine lustige Zeit. Der erste PC, das lahm vor sich hin tutende Modem und die Verzweiflung, wenn wieder mal alles nicht funzte wie gewünscht. War oft kurz davor, die Kiste samt Monitor vom Balkon zu schleudern.






Gestern am leicht verregneten Nachmittag kleinen Bildungsspaziergang zum Marktplatz gemacht: 
Ins Foyer der Baumwollbörse und zum Dom.




Am zwischen 1900 bis 1902 gebauten Gebäude ist gut zu erkennen,
 dass man mit Baumwolle ´ne Menge Zaster machen konnte.




Und hier, passend zum oben erwähnten Geburtstag, die Bremer Dom-Maus
Lange hielt man den eingemeißelten Nager aus dem 11. Jahrhundert für einen Scherz mittelalterlicher Handwerker. Netter Gedanke, stimmt aber nicht. Mäuse und Ratten galten damals im Volksglauben als Sinnbilder des Teufels und der Hexen. Das kleine steinerne Kerlchen sollte diesen Unwesen den Zutritt zum Haus Gottes verwehren. Hat ja auch geklappt ...







Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.


Wenn wir uns demnächst auf die Socken machen, noch issis draussen finster, schwarz wie mein Kaffee im Becher, dann werde ich dem Regen, dem böigen Südwestwind, dem Einheitsgrau die Ode an die Freude entgegensingen, schmettern werde ich sie, so falsch ich kann. Denn Cleo stört´s nicht, Beethoven wird immer noch taub sein und dieses Mistwetter schafft mich nicht, mich nicht, nö!






Auf dem Teppich bleiben. Der Teppich als Symbol der Bodenständigkeit. Kann man sich seinen Teppich aussuchen? Viele ham keinen Teppich mehr. Die schlittern über´s Parkett ihrer Albtraumwelten. Ich ertappe mich auch beim Schlittern. Immer? Nö, aber immer öfter. Diese Informationsflut läßt einen nicht trocken. Mit perfider Freude übergießen einen Medien aller Arten mit dem Irrsinn in der Welt, jeden Tag ein neuer Kübel. Ich will wieder auf meinen Teppich. Leichter gesagt als getan. Letztens im Radio einen Psychologen gehört. Die kübeln ja kräftig mit. Ham auch keinen Teppich mehr unter den Füßen. Der aus dem Radio sagte allerdings rein zufällig mal was Brauchbares. Wir wären mittlerweile so auf "Untergang" ausgerichtet, dass wir geneigt sind zu verpassen, falls es zwischendurch mal wieder "besser" wird. 





Bei mir ist wieder mal ´ne Schraube locker.
Seit der Einschulung immer diese Komplikationen.
Hört denn das nie auf?





So, gut, die Weihnachtsdeko ist wieder inner Kiste im Keller. Wobei unsere Deko kein Konglomerat aus Tchibo-Angeboten der letzten Jahre ist. Das wäre uns zu unoriginell. Wenn schon Brauchtumsfuzzi, dann aber nach eigenem Gusto. Zum Beispiel hat jeder Engel unserer Sammlung, sind mittlerweile an die 30 Himmelswesen, seine Geschichte. Wo gefunden, von wem geschenkt bekommen, Einzelstück oder doch was Industrielles, lange nach gesucht oder Spontankauf. In den Coronajahren ohne Weihnachtsmärkte stagnierte die Sammlung. Im aktuellen Weihnachtspäckchen aus der Eifel (Rita for ever) war dann endlich wieder geflügelter Zuwachs - große Freude!



Wir hatten schon lange vor, uns mal paar Stoffservietten zuzulegen. Morgens das Schüsselchen Müsli halbliegend auf´m Sofa oder den Teller Spaghetti mit Tomatensauce in der Hand auf´m Sessel - das sind Gefahren für die Haute Couture. Die üblichen 40 mal 40 cm Baumwollläppchen sind indiskutabel, wahre Appetitkiller. Leinen, wenigstens Halbleinen, wie bei Oma, sollte es schon sein.
 Da musste gegoogelt werden bis der Stromzähler explodiert. Sind dann fündig geworden: Tolle kleine Firma, "LinenMe".

Und was gehört zu einer richtig schönen Serviette? Genau, ein Serviettenring. Meine Gattin hatte schon einen edlen alten Silberring geerbt. Ich sollte, ja musste, nun auch einen haben. "Ebay" heißt in solchen Fällen das Zauberwort. Drei Tage gesucht, dann einen gefunden, heute isser angekommen. Jugendstildekor, vor 1945, 950er Silber, einfach entzückend. Wie konnte ich nur ohne Serviettenring leben? Verschenkte Jahrzehnte.





Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, daß ich so fröhlich bin ...

Wie der ewig singende See-Elefant aus der Augsburger Puppenkiste räkelt man sich auf seinem Privatfelsen und weiß es einfach nicht. Geschichten von der Tagebaukante oder der Harry in uns allen. Der Live-Ticker als Hochaltar einer gottlosen Zeit? Vielleicht, bestimmt, kann sein vielleicht, vielleicht auch nicht, vielleicht.




Soll ich über´s Wetter reden? Nein. Der Skoda möchte ein Gläschen Öl nachgefüllt bekommen, und das kriegter auch.
Sein Wunsch ist mir Befehl. Longlife Öl, 5W-30, muss ich nachher kaufen, ein Literchen für alle Fälle. Dann werden noch paar dieser herrlich knackigen Champignons von Alnatura benötigt, und falls im Regal lauernd ein Steinofen-Ciabatta für die Raclette-Orgie heutabend. Und dann machen Cleo und ich unseren Gang durch ein Wetter, über das ich ja nicht reden wollte. Gibt´s eigentlich Jeans mit Goretex-Futter? Gleich tritt Frau Lambrecht wohl zurück. Hoffentlich kriegt sie das hin, die arme Frau, sie hätte sich das Amt nie antun dürfen. Aber mich fragt ja keiner,

 




Ich zum Beispiel bin sehr froh darüber, in einer Zeit und einem Land zu leben, wo Notarzt und Feuerwehr bei Bedarf nach 10 Minuten da sind. Es sei denn, die Helfer werden von angeklebten Teilen einer ohnehin schon wirklichkeitsverwaschenen Generation oder subversiven Randerscheinungen am Vorankommen gehindert bzw. in einen Hinterhalt gelockt. Dann dauert´s länger. 

Seit zwei Jahren kommen wir fast täglich auf dem Weg zum Gemüsehändler und dem Hofladen der Biomolkerei in Lilienthal am Neubau (besser: Baustelle) der Feuerwache Nord-Ost am Hochschulring vorbei. Und obwohl das Gebäude weder bunt noch rund im Hundertwasser-Stil gebaut wird, bin ich davon positiv beeindruckt. Dass die Baumeister von damals die Pyramiden von Gizeh in den Sand gesetzt haben, beeindruckt natürlich auch, logo, aber die neue "Wache 7" hat schon was, echt! Nun isse so gut wie fertig, Richtfest war längst, und in uns entpuppte sich der Wunsch, den "Kasten" mal von innen zu begutachten. So´n Tag der Offenen Tür wäre nicht schlecht. Also mal ´ne Mail an die Bremer Feuerwehr geschickt - und Bingo! Anfang Mai wird unser Wunsch erfüllt, dann stehen alle Türen der Feuerwehr im Städle offen, schön!







Wie allgemein verbreitet sind auch wir zum Opfer des blinden Aktionismus` der Energiewende geworden. Im Haus werden neue Stromleitungen verlegt. Dicke Kabel in die Zukunft. Wieso und wozu weiß nicht mal der Hausmeister. Was würde der "Club of Rome" wohl sagen? Vermutlich würden die wirklichen Experten in Sachen Zukunft die buschigen Augenbrauen hochziehen, denn dort tagen hochintelligente Realisten (ganz seltenen Spezies). Egal jetzt. Es geht in unserem Treppenhaus momentan um die schnöde Gegenwart. Doch, doch, die gibt´s tatsächlich. Vor einigen Wochen wurden armdicke Löcher durch Böden und Decken aller Etagen gebohrt, dass die Milch im Kühlschrank zu Butter vibrierte. Der kleine Hund der unteren Nachbarin  (Cookie, mit dem ist Cleo durch den Türspalt verlobt), verlor bei dem unangekündigten Lärm fast den Verstand. Dann passierte erstmal nix mehr. Seit dieser Woche wird wieder gewerkelt. Über allen acht Wohnungstüren wird ein Kabelschacht ins Nachkriegsmauerwerk geschnitzt. Viel Lärm um Nichts? Ansichtssache, die Zukunft wird´s zeigen. Der Dreck, die Brocken, der rote Staub fallen allerdings in den schon erwähnten Bereich der schnöden Gegenwart. Irgendwann kommt dann das Finale: Loch durch die Wand zur Küche und ein neuer Sicherungskasten. Wenn dann China noch aufhört, weiter Kohlekraftwerke zu bauen, können wir durchatmen: Geschafft ... Es sei denn, die neuen Kabel schmoren durch, wenn an der Dreiersteckdose neben der Haustür mehr als drei E-Autos gleichzeitig saugen oder die Tauben der Gegend scheißen die Solarmodule auf den Dächern zu und nix geht mehr - Rien ne va plus!

Seltsamerweise geht uns dieser staubige Blödsinn weitestgehend am unteren Rücken vorbei. Mittlerweile verweigern wir der Ursache die Wirkung. Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst. Der eigentliche Grund, warum ich von diesen Interna der Wohnkultur berichte, ist Cleo. Cleo verblüfft. Ja, ihr Verhalten den Baustellenaktivitäten, dem Lärm, dem Dreck, den "Bastelwastels" gegenüber ist verblüffend. Sie ignoriert das alles. Obwohl es draussen einiges gibt, was ihre Stresshormone twisten läßt, ihre Nervenbahnen zum Glühen bringt, kann ihr hier kein Schlagbohrer, kein Hammer, kein Meißel die Ruhe rauben. 





Vorhin zwei ausrangierte Sofadecken im Tierheim Hemmstraße abgegeben. Sowas wie Decken wird dort immer gebraucht. Der Tierschutz-Shop in der Münchener Straße kriegt auch in unregelmäßigen Abständen Sachspenden (ich sach das mal so formvollendet) von uns. Trödelmarktartikel, vom Schnapsglas bis zur Cordjacke, werden vom ehrenamtlichen Personal gern genommen und an jedermann weiterverkauft. Zum Wohl der tierischen Schützlinge, versteht sich ja von selbst. Im Moment ist da "Annahmestopp", ein gutes Zeichen, der Laden ist voll.





Gute Nacht, Freunde, es ist Zeit für mich zu geh´n.
Was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette
und ein letztes Glas im Steh´n ...




Zwischendurch immer mal die hinteren Beine und den unteren Rücken dehnen, zwei Minuten für die Faszienpflege, tut gut.




Heutvormittag den Weg durch´s
"St.-Jürgens-Land" (bei Lilienthal) mit Cleo gegangen, einmal hin und zurück. War lausig kalt, aber schön, und Cleo hatte viel Neues zum Schnüffeln. Dann am Parkplatz noch kurz in die kleine St.-Georgs-Kirche, ein kurzes Dankgebet war angebracht. Bin da eher ungeübt, aber trotzdem.
 Letzten Freitag hatte mein Schutzengel - ganz im Gegensatz zum Kollegen, der mir bei hundert Sachen hinterrücks in den Firmenwagen brauste - nicht mit dem Handy gespielt. Und seine schützende Hand zwischen den etwas orientierungslosen Kleintransporter und die Leitplanke gehalten. 






Was heut noch frisch und blühend steht,

Wird morgen schon hinweggemäht.

Ihr edlen Narzissen,

Ihr süßen Melissen,

Ihr sehnenden Winden,

Ihr Leid-Hyazinthen,

Müßt in den Erntekranz hinein.

Hüte dich, schön´s Blümelein!

(Clemens Brentano)






Im Pennigbütteler Moor, vor dem WE-Einkauf, hatte freie Zeiteinteilung. Wollte eigentlich bei Neu-Helgoland starten, aber zu viele Leute unterwegs. Komisch, was rennen die da rum, Samstagmorgen. Manchmal ertrag´ ich das nicht. Eigentlich oft, bleibt aber unter uns. Dann kommt mir ein Gedicht von Konstantin Wecker in den Sinn, ein frühes, wo er noch ungezähmt war, lange her.


Ihr seid so häßlich, daß ich's kaum ertragen kann,und euer kindischer Gesang von Glück und Freundschaftbringt mich um.Ihr seid so häßlich, daß ich's kaum ertragen kann,und euer lächerlicher Drang mit mir zu lachenist so dumm.


Na gut, wir werden alle milder mit den Jahren. Ob aus Weisheit oder Schwäche bleibt offen. Nach der zweistündigen Sauerstoffdusche im Moor noch zur Packstation 138. Zwei Pakete war´n drin, trotz Streik. DHL hat bei mir auch einiges gutzumachen. In meiner Kindheit gehörte der Postbote zur Familie. Absolut vertrauenswürdiger Uniformträger. 
Oder "Onkel Gille", mit Tante-Emma-Status. Der war ensthaft um meine Ernährung besorgt. Natürlich unbegründet, ich bin im Luxus-Dachsbau aufgewachsen. Aber wenn er mich draussen rumwuseln sah, dann rief er mich kurz rein, auf ein Mettwurstende. Ich konnte auch passabel lesen, schreiben und rechnen. Und ich lebte in einer real existierenden Wirklichkeit, ohne Verschwörungsgesülze und Nasenring. Den Begriff "Display" gab´s noch nicht. Keine schlechte Kindheit. Auf meine Schwester hätte ich verzichten können. Dann wurde Kennedy erschossen und nichts war mehr wie vorher - kleiner Scherz. 
Also zum Abschluss des Vormittags noch eingekauft, Alnatura, morgen mach´ ich meine Bulgur-Gemüsepfanne, Zucchini, rote Paprika, Tomaten aus der Dose, Champignons, Feta, Knobi und reichlich Parmesan.

Warum erzähl´ ich das alles? Damit ihr was zu lesen habt, darum.






Bei Etsy zufällig gefunden und erstanden: Abtauchender Blauwal, handgedruckt auf originale Seite eines hundert Jahre alten französischen Wörterbuchs. Find´ ich schön. Ausserdem bin ich ja ein Freund der Wale. Jacques Cousteau, die Calypso, Geheimnisse des Meeres? Die Doku-Serie im Ersten, ab 1969 lief die. Wer erinnert sich? In einer Folge versuchte die Crew ein verwaistes Grauwal-Junges zu retten, mit der Flasche aufzuziehen, sozusagen. Leider vergeblich, die Natur ist mitleidslos. Hat mich tief beeindruckt damals. Als mir dann noch das Buch von Joan McIntyre "Der Geist in den Wassern" in die Hände fiel, wurde ich einer von ihnen - ja, ich bin ein Wal.



Off topic:
Ich bin ja politisch eher unbedarft, is mal so. Aber ganz doof bin ich auch nicht. Hab´ vorhin einen Kommentar auf  Bremen Zwei gehört. Und hätte brüllen können. Da hat ein kluger Mensch, ein Mann war´s, meine Gedanken und Empfindungen eins zu eins in Worte gefasst, wie ich selbst das nie hingekriegt hätte. Ist ja selten sowas. Und diesen Kommentar gibt´s zum Nachlesen, toll. Nur dieses eine Mal will ich Cleo´s Blog in die Abgründe der Tagespolitik ziehen, ich tu´s  nie wieder. Hier ist der Link, wer will darf klicken.