Dienstag, 1. November 2022

November

 




Also gut. In nichmal vier Wochen ist der erste Advent. Und gestern ist die Zeit wieder verstellt worden. Was für ein Blödsinn. Dann wäre da noch die Frage, ob Laubsauger besser in der Hand liegen als Laubbläser. Auf Graupensuppe hätte ich Appetit, muss ich mit meiner Frau noch aushandeln, nicht ihr Lieblingsessen. Es scheint die Sonne, die Bäuerin ist ruhig, es geht ihr gut. Bin etwas träge, nicht lustlos, nö, der Antrieb will noch überzeugt werden. Aber gleich spring´ ich auf, PC in den Ruhezustand klicken, gewandmäßig die richtige Wahl treffen und los! Vielleicht an den Südarm. Kommt allerdings auf den Verkehr an. Lange im Kraftfahrzeug verbringen woll´n wir heute nicht, Cleo und ich. Alternativ käme noch um´s Hollerland in Betracht. Mal seh´n, was sich ergibt. Irgendwas ergibt sich ja immer. Das eine oder das andere. Aus der Nutzlosigkeit den Sinn saugen. Das ist die Herausforderung. Kriegen wir hin, bis dann ...





Cleo ungeklebt!








Oldenburg ist eine nette Stadt, besonders kulturell. Den internationalen Töpfermarkt einmal im Jahr, einen schönen Weihnachtsmarkt (auch nur einmal im Jahr, hahaha) und drei Museen bzw. Kunsthallen gibt´s dort, Tageskarte für alle drei 9 Euro. Und dafür wird viel geboten. Alte Meister im Albertinum, neue Meister im Prinzenpalais und noch das Oldenburger Schloss als Sitz des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte. Das Horst-Janssen-Museum soll nicht unerwähnt bleiben, auch immer einen Besuch wert. Natürlich interessiert uns nicht immer alles, klar, aber es kommen immer wieder mal wunderbare Sonderausstellungen, wie aktuell: 

Grands Boulevards - Plakatkunst des Jugendstils.




Viele, wirklich viele dieser beeindruckend schönen, gute Laune machenden Farb-Lithografien aus der Zeit um 1880, Ende 19tes Jahrhundert.




Die Lithografie ist das älteste Flachdruckverfahren, gedruckt wird vom Stein, einer plangeschliffenen Kalkschiefersteinplatte, auf die der Künstler sein Werk malt oder zeichnet. Ein kompliziertes Verfahren, besonders wenn Farben ins Spiel kommen. Ich hab´s immer noch nicht ganz kapiert.




Ab der Mitte des 19ten Jahrhunderts war die Farblithografie soweit weiter entwickelt worden, dass sie zur führenden und preiswerten Reproduktionstechnik für Werbung und Reklame wurde. Französische Künstler wie Henri de Toulouse-Lautrec mit seinen Plakaten für´s Moulin Rouge trieben die Sache schnell voran.




In der aussergewöhnlich gelungen gestalteten Ausstellung hängen also 130 Jahre alte Originallithografien in ihren vollen Pracht!
Wir wären vielleicht gern noch ein Stündchen länger durch die Räume getapst, aber im Parkhaus wartete Cleo im Auto. Ihr macht das nix, pennt auf der Rückbank, aber zu lange lassen wir sie dann doch nicht allein, wenn sie schon nicht mit ins Schloss darf ...







Was gibt´s Neues?

Gute Frage. Fragwürdige Frage. Es gibt zwei Tage im Jahr ohne praktischen Wert: Gestern und morgen. Befassen wir uns also mit dem Heute. Eben den ersten Becher Kaffee geschlürft, Cleo liegt auf dem Sofa und blinzelt verstohlen zu mir rüber, Hunger. Aber sie muss noch büschen warten - ich bin schließlich auch wer. Die kleine Wetterstation (wir ham zweie, eine steht im Wohnzimmer neben dem PC, die andere wechselt zwischen Schlafgemacht, Küche und Bad), also die Station im Wohnzimmer zeigt 19,9 Grad und 59% Luftfeuchte. Im Schlafzimmer sind momentan 16 Grad bei 41% Feuchte (da wird nicht geheizt, nachts Fenster auf Kipp). Wir hatten heutnacht minus 5 Grad, ist schon frisch draussen. Jetzt basteln wir an den angemessenen Thermostateinstellungen. Nicht aus der Angst heraus, die kommenden Nachzahlungen nicht wuppen zu können. Im Gegenteil: Wir wollen deftige Rückzahlungen bei Strom und Gas, man muss die Krisen sportiv sehen. 





Abendstimmung gegen 17 Uhr. Jetzt müssen die Gänge mit Cleo bewusster geplant sein. 
Wer schleicht schon gern im düsteren Wald herum. Denn im Wald, da sind die Räuber. 
An Woddy Allen gedacht: Ich fürchte mich im Dunkeln. Und Licht ist mir verdächtig.





Maulwürfe, diese niedlichen samtigen kleinen Gesellen, graben bekanntlich lange Gänge für ihr Leben unter Tage. Das Wohnzimmer liegt zwischen 50 bis 80 cm tief, die Nahrungsgänge im Sommer 40, im Winter bis zu 100 cm. Ein arbeitsreiches Leben in Dunkelheit. Aber eben ein Leben! Und würde man einen Maulwurf fragen, ob er im Großen und Ganzen zufrieden wäre, dann würde er freundlich nicken, da bin ich mir sicher. Cleo hat noch nie einem Würfchen Leid angetan, und das würde ich auch nicht wollen. Aber sie belauscht sie von oben, hört sie vermutlich durch die Gänge flitzen. 





Vormittagsgang um´s Hollerland, zwei Stunden Winterliches.

Rauhreif gab´s, und stellenweise war´s ziemlich glatt. Besonders auf den kleinen Brücken über Autobahn und Kuhgraben musste man schon kleine vorsichtige Schritte machen. Cleo hat eben eine luftgetrocknete Kälbernase gekriegt. Sie war ganz begeistert, geradezu ambitioniert beim Knabbern. Wie kann man sowas bloß essen ..?






Wir ham letztens in der Expressionisten-Ausstellung in Oldenburg diese Schatulle von Schmidt-Rottluff gesehen. Karl Schmidt-Rottluff (1884 bis 1976) war einer der wichtigsten Vertreter des Expressionismus. Die Kiste gefiel uns sehr, besonders Cleo´s Frauli war entzückt. Und weil ihr Geburtstag anstand, und weil ich noch kein persönliches Geschenk hatte, da läutete die Idee einer "Kunstfälschung" in meinem Kopf wie die Glocken von Westminster Abbey. Drei Tage arbeitete ich in geheimer Mission am Geschenk.




Und meine Frau freute sich darüber wie Bolle. Sogar Rita aus der Eifel empfahl mir die Kunstfälscherei als zweites Standbein ...




Der Tierarzt wird also teuerer. Nach 23 Jahren wird die Gebührenordnung angepasst, kräftig erhöht. Schon lange gibt’s viel Gejammer von Seiten der Bundestierärztekammer. Keiner will mehr Tierarzt werden, die Praxen kommen kaum über die Runden. Das mag ja ansatzweise stimmen. Nur ist das Empfinden der Tierbesitzer überwiegend ein anderes. Die sind von der Höhe ihrer Rechnung häufig negativ berührt. Wie kommt das? Sind wir verwöhnt, discounterpreisversaut?

Ich hab´ in den letzten 40 Jahren doch ein paar Erfahrungen mit Tierärzten gesammelt, und natürlich viel im Gespräch mit anderen Hundebesitzern gehört. So eine Tierarztpraxis ist keine Sozialstation, klar. Tierkliniken setzen da meistens noch eins drauf. Vom Prinzip her bin ich durchaus bereit, angemessen für einen Tierarztbesuch zu bezahlen. Man geht da ja nicht hin, weil gerade nix Gescheites inner Glotze läuft, sondern weil sein Tier medizinischer Hilfe bedarf. Das entscheidende Wort ist: "Angemessen".

 Ist es angemessen, den doppelten Gebührensatz berechnet zu bekommen, weil mein Hund auf dem Tisch etwas zappelt und von einer Helferin festgehalten werden muss? Ist es angemessen, aufgrund der Ahnungslosigkeit des Veterinärs und dem damit verbundenen hilflosen Herantasten an eine Diagnose, für viel Geld durch alle Untersuchungsmethoden geschleust zu werden? Ist es angemessen, für die Profilierungsversuche einer jungen Tierärztin in einer Klinik für einen verdorbenen Magen meines Hundes am Ende 500 Euro zahlen zu dürfen? Hab´ ich selbst erlebt (und ärgere mich immer noch über meine Blödheit!). Cleo kotzte am Morgen. Das kommt bei Hunden mal vor, erstmal keine Katastrophe. Allerdings hörte das Gekotze nicht mehr auf. Vielleicht doch mal zum Tierarzt? Aus irgendeinem Grund fuhr ich in die Tierklinik. Eine junge Ärztin nahm sich unser an. Abtasten, nö. Allgemeinzustand einschätzen, einmal das Zahnfleisch angekuckt. War normal rosa. Blutabnahme. Ergebnis nach zehn Minuten: Unauffällig. Tja, mal Ultraschall machen, könnte ein Fremdkörper im Hund sein. Nix gefunden. Besser nochmal röntgen, sicher ist sicher. Nix gefunden. Dann die obligatorischen Medikamente. Wenn´s nicht besser wird, wiederkommen. 500 Euro, vielen Dank. Es wurde besser. Es wäre vermutlich auch besser geworden, wenn ich nicht zur Klinik gefahren wäre. Ein Fastentag, dann drei Tage Kartoffelbrei mit Hüttenkäse. Man ist eben doch etwas beunruhigt, etwas irritiert, etwas hilflos, wenn mit dem Hund was nicht stimmt. Mit dieser Hilflosigkeit verdienen Tierärzte ihr Geld (ist zynisch, weiß ist, trotzdem nicht ganz falsch). War das nun angemessen oder Abzocke?

 Die Anzahl von Fehldiagnosen und falschen Behandlungen (was ich selbst erfahren oder von anderen Hundeleute im Laufe der Jahrzehnte so gehört habe) ist erschreckend hoch. Und kostet viel Geld. Dann noch das fragwürde Impf- und Entwurmungsritual, in der Praxis vertriebenes Diätfutter, in Rechnung gestelltes Material wie Klettverbände beispielsweise (da wird eine 20m-Rolle berechnet, obwohl nicht mal ein Meter am Hund verbraucht wurde). Alles eigene Erfahrungswerte. Also gut, was will ich sagen?

Zwei Drittel (hochgerechnet) der praktizierenden Tierärzte prognostiziere ich als mittelmäßig bis grottenschlecht. Es gibt auch gute, talentierte, kompetente und „anständige“. Sind aber selten und die musste erstmal finden. Wenn man mit einem der Guten das Glück hat, auch von Mensch zu Mensch ins Gespräch zu kommen, und seiner Frustration über die veterinäre Mittelmäßigkeit etwas Luft macht, dann sieht man in nach oben verdrehte Augen und wird in seiner Vermutung bestätigt, dass es mehr als zwei Drittel sind …

Fazit: Das Problem, mein Problem, ist nicht die neue Gebührenordnung. Wer meinen kranken Hund kompetent diagnostiziert und behandelt, dabei mit mir auf Augenhöhe kommuniziert und mir eine faire Rechnung stellt, den werde ich gerne bezahlen. Und da issis mir auch weitestgehend wurscht, wenn ich jetzt ein paar Euronen mehr berappen muss. Ein guter Tierarzt soll sein Auskommen haben, er (oder sie, natürlich) soll ein schönes Leben leben, eine gute Ehe führen, Urlaub machen und ein Auto mit Sitzheizung fahren, logo!




Gott gibt uns die Nüsse. Aber er knackt sie nicht für uns.







Niedliches Filmchen von 2019, da war Cleo vier Jahre alt.
Ich war auch noch jung und gelenkig ...