Könnte man denken. Natürlich ist Cleo überwiegend brav und aufmerksam. Die Situation auf diesem Foto ist allerdings etwas anders gelagert. Fotogen kommt sie rüber, das kann sie gut, Greta Garbo in der Kudde. Aber ihre Intension ist das hier nicht. Sie beabsichtigt vielmehr zu gewinnen, den "ewigen Kampf" zwischen Mensch und Hund. Es geht um Forderungen, um die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse um jeden Preis. In der Küche steht ein Napf, Cleo´s Napf, gefüllt mit einer Barfportion: Rind mager, Innereien, büschen Pansen, Entenrücken gewolft, Löffel Lachsöl, eine Kinderhandvoll Kohlrabi geschreddert. Diese köstliche Mahlzeit braucht noch etwas Zeit zum Warmwerden, paar Minuten für die bessere Bekömmlichkeit. Ob Hunde ein präzises Zeitempfinden haben, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, wer könnte das schon. Eine Uhr hat sie jedenfalls nicht, das ist sicher. Aber diese paar Minuten sind ihr ein paar Minuten zuviel, sie empfindet das als einen Angriff auf ihre Selbstbestimmung. Hunde haben keine Daumen, und ohne Daumen ist es nur schwerlich möglich, einen Napf vom Tisch zu nehmen. Was bleibt ihr übrig? Druck ausüben, psychischen Druck. Nun kann sie mich weder entlassen bzw. die Rente kürzen, noch der Wohnung verweisen, das wäre natürlich kontraproduktiv, sie weiß das. Nein, sie geht auf die Schiene der Ethik, der Moral. Sie aberkennt mir jegliches Vorhandensein einer Empathie, stopft mich dreist in die Schublade eines gefühllosen Menschen, eines Sadisten, eines machtbessenen Autokraten. Sie stellt mich in Frage, von Kopf bis Fuß. Sie droht mir mit Verachtung. Wenige Minuten können nicht nur zwischen Leben und Tod entscheiden, nein, auch zwischen der Zuneigung eines Hundes oder dessen Antipathie auf ewig. Es steht also viel auf dem Spiel, sehr viel. Unter anderem meine Selbstachtung. Gewinnt sie, und ich tapse jetzt gegen das Kriterium meiner eigenen Vernunft bezüglich der besseren Bekömmlichkeit in die Küche und stelle ihr den noch kühlen Napf vor die Nase, dann kann ich alle Spiegel der Wohnung mit schwarzer Folie bekleben. Gewinne ich, halte noch fünf Minuten standhaft durch, praktiziere das von den Gurus der Hundeerziehung so favorisierte Ignorieren unter den Qualen der inneren Zerrissenheit wie seit dem Tag meiner Einschulung nicht mehr, dann habe ich eine Freundin verloren, vermutlich die beste. Es ist alles wirklich nicht so einfach ...
Wenn wir gut in der Zeit liegen, dann schlender ich mit Cleo die Weser lang, mit dem Ziel: Seelachs bei Bodes kaufen. Und natürlich ´ne Fischfrikadelle für den Hund, sonst bleibt sie vorm Laden sitzen wie angedübelt. Um zu Bodes zu kommen müssen wir kurz über den Marktplatz, am Rathaus und Dom und Manufactum vorbei. Vorher führt der Weg durch die Böttcherstraße, einem Gesamtkunstwerk, von 1922 bis 1931 erbaut, von Ludwig Roselius gesponsert. Heute Bremens schönste Touristengasse, viele Schaufenster, gut frequentiert. Manchmal fotografiere ich das eine oder andere Schaufenster. Oder bummel ich schon?
Mein Steuerberater und Freund HF hat sich intensiv mit dem Buddhismus beschäftigt, wohl in der Absicht, sich den kleinen und großen Irrsinn des Lebens irgendwie büschen vom Hals halten zu können. Jeder von uns versucht ja seine Statik zu finden, und ich denke, ihm issis ganz gut gelungen. Man sollte nicht bewerten, sagt er, nichts und niemand, am besten nicht mal sich selbst. Man konstatiert, nimmt zur Kenntniss, aha, und weiter geht’s fröhlich durch den Tag. Nicht einfach umzusetzen, aber sicherlich eine erfolgsversprechende Idee, ein sinnvoller Ansatz auf seinem Weg in die Grube, bestimmt.
Das Becken läuft gut. Die Pflanzen wachsen wie irre. Wenn wir nicht alle anderthalb Wochen kultivierend eingreifen würden, dann wäre das Aquarium in vier Wochen zugewuchert und die Fische hätten keinen Schwimmraum mehr ...